Hallo Konstantinos, kannst du mir erst einmal sagen, warum du dich entschieden hast für IN-VISIBLE zu arbeiten?
“Ich hatte online nach einer Gleichstellungsagentur gesucht und bin irgendwann auf die Webseite von IN-VISIBLE gestoßen. Danach habe ich Rea bei einem Community-Workshop kennengelernt und habe dort den Eindruck bekommen, dass IN-VISIBLE zu mir passt und umgekehrt. IN-VISIBLE erschien mir mit einem intersektionalen Ansatz zu arbeiten - was mir sehr wichtig ist -, Themen zu bearbeiten die mich interessieren und außerdem ein Verständnis für und ein Wissen über sowohl mediale Berichterstattung zum Thema Gender, als auch aktivistische Tätigkeiten zu haben.”
Was machst du bei IN-VISIBLE?
“Ich habe verschiedene Rollen. Der Kern meiner Arbeit ist Wissensmanagement, bei dem ich mein erlerntes Wissen der Gender Studies nutze, um die Theorie in die Praxis umzusetzen. Ich bewirke hierbei auch Bildungsarbeit, bei der ich beispielsweise durch Texte versuche die theoretischen Inhalte von Gender für andere zugänglicher zu machen. Ich unterstütze aber auch bei der Beratung von Unternehmen, indem ich mit meinem Wissen überprüfe, ob Unternehmen inklusiv, gendergerecht und divers handeln. Andere kleinere Rollen, die ich übernehme sind beispielsweise Anträge zu schreiben oder auch bei der Öffentlichkeitsarbeit zu unterstützen.”
Du hast einen Hintergrund in Gender Studies, wie kam es zu diesem Studium?
“Ich hatte ein großes Interesse mehr über die Theorie von Gender und damit verbundenen Bereichen zu lernen. Vor allem die Bereiche die den sogenannten systems of oppression - System der Unterdrückung - zugeschrieben werden können (z .B. Rassismus und Queer-Feindlichkeit) und wie diese miteinander verflochten sind, erweckten meine Neugier. Was ich vor allem an dieser Schnittstelle - also wie diese Systeme miteinander verflochten sind - anlockend fand, war die Idee wie das Konzept von Geschlechtern dekonstruiert werden kann. Ich musste allerdings feststellen, dass mein Studium hier in Deutschland diese Vorstellungen von mir nicht ganz erfüllt haben.
…und was genau hat dir hierbei gefehlt?
“Der Studiengang hatte sich als sehr progressiv in der Thematik der Gender Studies ausgegeben, was leider nicht ganz der Fall war. Der Feminismus der hierbei betrieben wird -wie sehr oft der Fall in Deutschland ist-, konzentriert sich zum Beispiel noch sehr auf die Frau und bezieht Meschen aus der queeren Community zu wenig in die Gender Studies ein. Es wird eigentlich nur über ein binäres Gender-Verständnis diskutiert. Dazu muss aber gesagt werden, dass der binären Blick auf Gender ein Problem ist, das man generell am deutschen akademischen und institutionellen Feminismus kritisieren kann.“
Du bist in Griechenland geboren, wie sieht es vergleichsweise mit dem akademischen Feminismus in Griechenland aus?
“Dieser, meiner Meinung nach, sieht tatsächlich anders aus als in Deutschland. Es gibt einen größeren Fokus auf queere Perspektiven und somit wird das binäre Konzept von Geschlechtern bzw. Gender in Frage gestellt und dekonstruiert. Beispiele für Länder die wiederum weiter in der Genderforschung sind als Deutschland und Griechenland, wären die USA und Großbritannien.”
Bei IN-VISIBLE verbinden wir die Theorie von Gender Studies mit der Praxis in der Arbeitswelt, wie möchtest du das in der Zukunft machen?
“Ich würde auf jeden Fall sehr gerne im Bereich der Wissenstransmition von der Theorie in die Praxis arbeiten. Wie ich genau in der Zukunft vorgehen werde, weiß ich nicht. Mir ist allerdings aufgefallen, dass viele cis-Männer viele Schutzmechanismen bzw. Argumente gegen Feminismus haben bzw. warum Gleichstellung nicht wichtig ist. Was mich daran beschäftigt, ist wie man mit solchen Menschen kritisch umgehen kann, um schließlich Gleichstellung zu erreichen. Ich denke dies kann man durch Bildungsarbeit und pädagogische Maßnahmen erreichen, wobei mir hier auch wichtig wäre, den Menschen klar zu machen, dass sie vom Patriarchat profitieren und es reproduzieren, auch wenn sie es vielleicht nicht wissen oder mit Absicht machen. Wie diese Arbeit genau umgesetzt werden kann, weiß ich noch nicht. Damit kann ich mich gut, in der Zeit die ich hier bei IN-VISIBLE arbeite, beschäftigen.”
Konstantinos (they/them auf Englisch& geschlechtsneutrale Pronomen auf Deutsch) ist seit dem 01.06 bei IN-VISIBLE; das Interview hat Alicia geführt.