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Drei Mythen über Diversity am Arbeitsplatz


Seit einiger Zeit sehen wir regelmäßig Schlagzeilen über große Unternehmen, die ihre DEI-Initiativen einstellen, Budgets für Gleichstellungsmaßnahmen halbieren, Diversity-Manager*innen entlassen, oder die Teilnahme oder das Sponsoring von CSDs und ähnlichen Veranstaltungen untersagen. Als Grund wird dann meist genannt: Wir brauchen Diversity-Management nicht mehr. Es ist doch alles gut, alle fühlen sich wohl bei uns, unsere Belegschaft ist doch schon divers. Warum Zeit und Geld in etwas investieren, das keinen sichtbaren Nutzen bringt? 


Für die eine oder den anderen klingt das sicher auf den ersten Blick durchaus plausibel. Wenn alles gut läuft, dann ist doch alles okay! Aber dass man mit DEI (diversity, equity, inclusion) irgendwann “fertig” sein kann, ist nur einer von vielen Mythen über Diversity am Arbeitsplatz, die einer genaueren Betrachtung meist nicht standhalten.


Mythen über Diversity am Arbeitsplatz - leider weit verbreitet


Natürlich geistern zu Diversität, Gleichstellung und Inklusion auch über den Arbeitsplatz hinaus endlose Falschinformationen durch die Medien, und wir wünschten uns, wir könnten sie alle entlarven. Aber heute konzentrieren wir uns auf den Bereich, den wir am besten kennen, und erklären euch, wie ihr und euer Unternehmen diese Fallstricke vermeiden könnt.


Mythos Nr. 1: Gleichstellung ist irgendwann erledigt.


Wir haben es ja oben schon angerissen: Viele Menschen glauben, dass man nach ein paar Jahren Diversity Management “fertig” ist. Alle Mitarbeitenden sind geschult, alle Stellenanzeigen sind gegendert, es sitzt eine ganze Frau im Vorstand, was will man mehr? Aber wie ein schlauer Mensch mal sagte: DEI ist ein Marathon und kein Sprint. Wenn die Mitarbeitendenbefragung zeigt, dass sich alle wohlfühlen, es keine Diskriminierungserfahrungen oder Belästigung gibt, dann ist die Versuchung verständlicherweise groß, sich auf die Schulter zu klopfen und das Projekt Diversity für erfolgreich abgeschlossen zu erklären.


Das Problem dabei ist nur: Selbst wenn in diesem einen Moment Inklusion geglückt schein, steht ein Unternehmen nicht still. Neue Mitarbeitende werden eingestellt, deren Verständnis von DEI weniger geschult ist. Jemand outet sich und plötzlich stellt sich heraus, dass Queerfeindlichkeit vielleicht doch noch ein Thema ist. Bewusstsein für Unconscious Bias, Gleichstellung und Antidiskriminierung lässt nachgewiesenermaßen nach, wenn es nicht nachhaltig in der Unternehmenskultur verankert ist - und das zeigt sich teils erst Monate oder sogar Jahre später. Hinzu kommt: Wenn sich während der Präsenz von Diversity Management alle wohlfühlen, heißt das nicht, dass es so bleibt, wenn dieses wegfällt. Wenn Employee Resource Groups eingestampft oder Gleichstellungsbeauftragte entlassen werden, dann wirkt sich das auf marginalisierte Angestellte aus.



Dass man Diversity Management irgendwann von der to-do-Liste streichen kann, ist einer von vielen Mythen über Diversity am Arbeitsplatz.
Dass man Diversity Management irgendwann von der to-do-Liste streichen kann, ist einer von vielen Mythen über Diversity am Arbeitsplatz.


Es ist wie mit Medizin: Wer eine Schmerztablette nimmt, denkt schnell, dass jetzt alles wieder gut ist - aber irgendwann ist die Wirkung erschöpft und die Schmerzen kehren zurück, denn es wurde ein Symptom behoben und nicht seine Ursache. Und die liegt bei Diversity Management nicht nur im Unternehmen selbst, sondern oft in der ganzen Gesellschaft, in der es sich befindet. Sexismus, Rassismus und andere Diskriminierungen fangen nicht an der Bürotür an.


Mythos Nr. 2: Diversity Management sollte man erst einführen, wenn das Unternehmen etabliert ist.


Wir von IN-VISIBLE arbeiten regelmäßig mit Start-ups und jungen Unternehmen zusammen, und eine Klage begegnet uns dabei immer und immer wieder: “Wir haben mit drei Leuten angefangen, da brauchten wir ja noch kein Diversity Management, aber im vergangenen Jahr sind wir stark gewachsen und nun haben wir 50 Mitarbeitende mit verschiedenen Hintergründen und schwelende Konflikte, von denen wir nicht wissen, wie wir sie beheben können.” Häufig äußert sich das z.B. in Beschwerden über Mikroaggressionen bis hin zu Mitarbeitenden, die deswegen das Unternehmen schnell wieder verlassen, Cliquen-Strukturen, die neueren Mitarbeitenden den Aufstieg erschweren, und vieles mehr.


Das Ergebnis sind dann oft homogene Teams, die gerne deutlich diverser wären, aber es einfach nicht schaffen, Diversität herzustellen und zu halten. Wir hören dann in Vorgesprächen: “Hätten wir mal früher angefangen!” Tatsächlich ist die Anfangsphase, wenn Teams noch überschaubar sind, ein perfekter Zeitpunkt, um sich über das Thema Diversität und Inklusion Gedanken zu machen. Denn dann kennen sich meist noch alle persönlich, sind eher bereit, sich offen auszutauschen und voneinander und miteinander zu lernen. Methoden und Strategien können im kleinen Rahmen erprobt und von Grund auf in der Gestaltung der Unternehmenskultur mitgedacht werden. Das verhindert auch das häufige Problem, dass Diversität und die größere Unternehmenstrategie voneinander losgelöst gedacht werden, was dazu beiträgt, dass DEI im besten Fall als “nice to have”, im schlimmsten Fall als sinnlose Ressourcenverschwendung wahrgenommen wird. 


Mythos Nr. 3: DEI ist ein “nice to have”


Und da wären wir auch beim dritten der Mythen über Diversität am Arbeitsplatz: Diverse Teams und alles, was damit zusammenhängt, sind ja ganz nett, aber für den Unternehmenserfolg letztendlich irrelevant. Dieser Irrtum ist durchaus verständlich, denn Inklusion übersetzt sich in den meisten Fällen nicht direkt in einen höheren Umsatz. Dass es aber durchaus einen Zusammenhang gibt, ist inzwischen für viele Aspekte des Arbeitsalltags erwiesen.


Beispielsweise zeigte eine große Studie¹ schon 2009, dass Unternehmen mit höherer Diversität in Bezug auf das Merkmal Race einen deutlich höheren Durchschnittsumsatz hatten als Unternehmen mit niedriger Diversität. Ein Grund dafür liegt möglicherweise darin, dass diverse Teams im Vergleich zu homogenen Teams und Einzelpersonen bessere Entscheidungen treffen, wie eine Studie² von 2017 zeigt. Macht ja auch Sinn: Unterschiedliche Menschen bringen verschiedene Sichtweisen mit und helfen so, Biases und Group Think zu vermeiden, innovativer zu denken und andere Zielgruppen anzusprechen. Und nicht zuletzt: Diversity-Management hilft dabei, Talente anzuwerben. Gerade jungen, sehr gut ausgebildeten Berufseinsteiger*innen ist es zunehmend wichtig, dass sie sich an ihrem Arbeitsplatz nicht nur wohlfühlen, sondern auch ideell hinter dem Unternehmen stehen - und DEI ist dabei für viele ein wichtiges Thema³. Wer also zukunftsfähig sein will, kommt um das Thema Diversität auf die Dauer nicht herum.



Die Mehrheit unterstützt Diversity am Arbeitsplatz und darüber hinaus


Und darin liegt vielleicht noch ein weiterer Mythos, denn einige spekulieren: Halten diese Unternehmen Diversität für wirklich ernsthaft etabliert, oder beugen sie sich Druck von rechten Gruppen, die die Abschaffung von Vielfalt und Inklusion fordern? Genau sagen lässt sich das nicht, überraschend wäre es in Zeiten eines deutlichen Rechtsrucks aber leider nicht. Doch auch mit dieser Beugung vor rechten Kräften ist eine Fehlannahme verbunden, denn die große Mehrheit der Menschen (nicht nur) in Deutschland findet Diversität und Inklusion wertvoll und bereichernd⁴. Wer also DEI-Maßnahmen einstellt, um Konflikte zu vermeiden, steht nicht nur auf der falschen Seite der Geschichte, sondern hat auch ein falsches Bild davon, was den meisten Kund*innen wichtig ist.


Deshalb wünschen wir uns von allen Unternehmen: Lasst euch nicht von Diversitäts-Mythen in die Irre leiten, sondern gebt dem Thema die Aufmerksamkeit, die es verdient. Und wenn ihr nicht wisst, wie, dann sind wir von IN-VISIBLE gerne für euch da.



Quellen:

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